Geboren im Kulturkampf – heute eine moderne und offene Pfarrei

Appenzell wurde 1513 als 13. Ort in die Eidgenossenschaft aufgenommen. Das Volk war damals noch einheitlichen Glaubensbekenntnisses. Als dann Martin Luther im Jahr 1517 seine 95 Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug, markierte dies nach allgemeiner Geschichtsschreibung den Beginn der Reformation, deren weitreichende Auswirkungen die Welt nachhaltig veränderte. Eine der vielen Folgen war 1597 die Teilung Appenzells ins katholische Innerrhoden und ins reformierte Ausserrhoden. Sie konnte zwar unblutig vollzogen werden, bewirkte aber doch für längere Zeit ein auf Distanz bedachtes Verhältnis zwischen den beiden neu entstandenen Halbkantonen. Das durch die Kantonsgrenze fixierte Nebeneinander der Menschen katholischer und reformierter Konfession wurde erst im Laufe der Jahrhunderte ganz allmählich durchbrochen, indem sich Katholiken auch in Ausserrhoden und Reformierte in Innerrhoden niederliessen. In ihrem jeweiligen Minderheitsstatus pflegten sie ihren Glauben.

So auch in Speicher, wo im November 1882 in einem nach zweijähriger Bauzeit erstellten Kirchleich im Bendlehn der erste katholische Gottesdienst gefeiert wurde. Den Kirchenbau hatte Bischof Karl Johannes Greith angeregt. Damit wollte er die Seelsorge für die rund 300 in Speicher und Trogen ansässigen Katholikinnen und Katholiken, die bis dahin von St. Gallen aus betreut worden waren, erleichtern. Im Sommer 1883 nahm mit Ulrich Baumgartner der erste katholische Pfarrer in Speicher Wohnsitz. Ihm oblag der Aufbau einer Pfarrei, die wegen der noch fehlenden Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft über Jahrzehnte hinweg Diasporacharakter aufwies. Auf der administrativen Seite getragen wurde die Gemeinschaft ab 1917 von einer Kirchgenossenschaft, die mangels eines geregelten Steuereinzugs auf freiwillige Beiträge der Mitglieder angewiesen war.

Erst 1963 wurde in Ausserrhoden auch der katholischen Kirche die öffentlich-rechtliche Anerkennung zuteil, womit die bisherigen Kirchgenossenschaften in Kirchgemeinden umgewandelt werden konnten, die nun auch Steuerhoheit erlangten. Die Katholikinnen und Katholiken der Politischen Gemeinden Speicher, Trogen und Wald gehörten fortan zur Kirchgemeinde Speicher Trogen Wald, deren administrativen Geschäfte seither ein neunköpfiger Kirchenverwaltungsrat abwickelt.

Bald schon keimte der Wunsch nach einem grösseren Gotteshaus. Im März 1970 nahm eine von der Kirchgemeindeversammlung bestellte Baukommission die Arbeit auf. Nach Abschluss der Planungsphase bewilligten die Kirchbürgerinnen und -bürger einen Kredit von 1,8 Mio. Franken für den Bau eines Pfarreizentrums im Bendlehn. Es konnte Ende Juni 1974 mit der dem Apostel Paulus geweihten Kirche und zahlreichen Nebenräumen seiner Bestimmung übergeben werden, so dass sich die Pauluspfarrei mit Pfarrer Werner Weibel auf den Weg in die Zukunft machen konnte.

Durch das fruchtbare Wirken moderner Seelsorgerinnen und Seelsorger wie Josef Manser, Matthias Angehrn u.v.m. wurden in der Pauluspfarrei einige zukunftsfähige Schritte zu einer offenen Gemeinschaft aller Getauften getan. Nicht mehr die Priesterfixierte Schafherde sondern mündige Christinnen und Christen, die miteinander vernetzt auf verschiedenen Wegen aber doch gemeinsam unterwegs sind.

Die Kirchgemeinde Speicher Trogen Wald gehört seit 2010 zum grösseren Verbund der Seelsorgeeinheit Gäbris, die im Weiteren die Kirchgemeinde Teufen-Bühler-Stein Nord sowie die Kirchgemeinde Gais umfasst.